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Das Walroß

Das Walroß sprach : "Ich bin zu fett,
muß 50 Pfund verlieren,
sonst muß ich mich daheim im Bett
vor der Walrössin genieren."

Es aß nichts mehr, den ganzen Tag
dann auch noch einen Zweiten,
am dritten schließ- und endlich lag
das Walroß auf der Seiten :

"Oh weh und ach, ein Kilo Fisch,
ob nun Makrele oder Hecht,
wie ist das nur verführerisch,
auch Krebs paniert wäre mir recht ..."

Am vierten Tag der Hungerkur
Da schwindet schon die Schwarte,
das Walroß allerdings denkt nur
an eine Speisekarte :

“Wie wär das schön, so ein Filet,
vom Dorsch oder vom Thun,
nur Leinsam, Wasa und viel Tee,
läßt meinen ganzen Frohsinn ruhn.”

Am fünften Tag, so ungefähr,
war Großalarm im Zoo,
man fragt den Herrn Veterinär :
“Verhält sich denn ein Walroß so ?”

Der Tierarzt meint : “Das muß ich seh´n.”
Und stellt die Diagnose :
“Das Walroß ist, ich muß gesteh´n,
erkrankt an Gürtelrose,
und außerdem steht´s schlecht
mit seinen Leberwerten,
das Blutbild: mies, und ein Geflecht
am Kiefer zeigt Gelehrten,
daß dieses Walroß mehr als krank,
ja todgeweiht als solches scheint ...”

das Walroß, nunmehr fast schon schlank
versteht nicht, was der Doktor meint.

Und plötzlich, ungeahnt und schön,
taucht auf aus tiefsten Fluten,
die Walrössin und sagt: “Wir geh´n,
und wenden es zum Guten.”

Ganz glücklich taucht das Walroß weg,
weil Sinn und Zweck verschwinden,
denn Doppelkinn und Bauch und Speck,
das kann man überwinden.

Ein Staunen bleibt beim Veterinär
Und auch bei allen Wärtern :
“Das alte Walroß, lieber Herr,
das g´hört schon zu den Härter´n :
Noch gestern, wirklich, wollten wir,
es von dem Leid erlösen
und heute alle sehen wir
ein lebensfrohes Wesen.”

Das Walroß schwimmt, ein wenig schlanker
und freut sich seines Lebens,
daneben schwimmt sein Lebensanker,
bereit des Nehmens, Gebens ...